Die Science Parks in Ulm vernetzen Wissenschaft sowie Wirtschaft und konzentrieren sich in erster Linie auf Technologiefelder, die speziell auf dem vorhandenen Potential der Region aufbauen und vom Markt nachgefragt werden. In diesen Kontext passt die Envola GmbH perfekt rein: Sie entwickelt intelligente Speichertechnologien für regenerative Energien zum effizienten Heizen und Kühlen von Gebäuden. Und so kam es, dass das Gebäudeensemble 2018 im neuen 40 Hektar großen dritten Science Park – die Science Parks I und II waren bereits belegt – errichtet werden konnte. Der Entwurf des Gebäudes basiert auf dem städtebaulichen Konzept der Stadt für Hanglagen. Direkt oberhalb des Blocks verläuft die Wolfgang-Paul-Straße. Der Eingang des Neubaus liegt auf der Höhe der Max-Born-Straße. Der Höhenunterschied zwischen den beiden Straßenniveaus spiegelt sich in der Höhe der Gebäudeteile wider, wobei die Architekten darauf achteten, dass der Blick von der Wolfgang-Paul-Straße über das Schammental ungehindert bleibt. Dies wurde dadurch erreicht, dass die Längsseite des 10 m hohen Blocks parallel zur Straße in den Hang gesetzt wurde. Zusammen mit dem kleineren Flügel im Westen bietet dieser Block ausreichend Platz für eine große Eingangshalle und Ausstellungsflächen. An der kurzen Seite der Halle schließt sich das dreigeschossige Bürogebäude an. Das neue Gebäude beherbergt zwar sowohl Büroräume als auch eine Produktionshalle, doch ist dies von außen nicht sofort sichtbar. Im Inneren ist das 55 m lange und 25 m breite Gebäude in zwei Bereiche unterteilt, eine Halle (45m lang) und einen Bürotrakt (10m lang). Die Doppelnatur des Gebäudes spiegelt sich nur in der Fassade wider.
Die Bauherren suchten ein Gebäude, dass höchsten Ansprüchen an Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Design gerecht wird, und entschieden sich deshalb für eine Holzkonstruktion. Obwohl die Bauteile dieser Konstruktion 30 Minuten lang einem Feuer standhalten müssen, wollten die Planer sie dennoch so schlank wie möglich halten. Um die Hallenbreite zu überspannen, mussten sie eine geeignete Tragkonstruktion und Dachgeometrie finden. Die Architekten entschieden sich schließlich für Gitterträger, da diese nicht nur elegant sind, sondern auch eine hohe Materialeffizienz aufweisen. Mit Ausnahme des Obergurtes sind alle tragenden Elemente des Daches aus hochfester BauBuche gefertigt, wodurch die Planer kleine Querschnitte verwenden und gleichzeitig R30-Brandschutz erreichen konnten.
Das Tragsystem besteht aus Balkenreihen, die auf je zwei Stützen ruhen. Die BauBuche-Gitterträger liegen im Abstand von 5 m auf vorgefertigten Stahlbetonpfosten auf. Sie bilden das tragende Skelett der Produktionshalle. Dank der hervorragenden Materialeigenschaften von BauBuche messen die 25 m langen Gitterträger nur 2 m in der Höhe und 24 cm in der Breite. Die Träger sind mit einer Überhöhung von 75 mm ausgeführt. Die 26 cm breiten und 28 cm hohen Obergurte sind aus Brettsperrholz (GL28c) mit einem Gefälle von 2 % von der Hallenmitte bis zur Traufe zur Dachentwässerung ausgeführt. An den Stützen schließen die Gitterträger mit einem diagonalen Element ab, das einen ästhetisch ansprechenden visuellen Übergang zur Grundkonstruktion bildet. Die Träger sind mit geschlitzten Blechplatten und Dübeln an Stahlbefestigungen an der Oberseite der Stützen befestigt. Die Zwischenräume zwischen den Pfosten und den diagonalen Elementen bieten reichlich Platz für Versorgungs- und Kabelkanäle. Die 62,50 cm breiten Lignotrend-Dachelemente überspannen die Fachwerke mit rund 15 m Länge über jeweils drei Felder. Auf den Brettschichtholz-Obergurten verschraubt und an den Stößen entsprechend schubfest verbunden, bilden sie die Dachscheibe aus und sorgen für die horizontale Aussteifung der Halle. Die Entscheidung, Brettsperrholz für die Obergurte zu verwenden, wurde aus Gründen der Montage getroffen, da die Verwendung von Elementen aus demselben Holz – in diesem Fall Fichte – die Montage von Verbindungselementen erleichtert. Da die Nadelholz-Deckelgurte nur Druckkräfte aufnehmen müssen, konnten Querschnitte gewählt werden, die zum filigranen Gesamtaufbau der Konstruktion passen.
Die Stahlbetonstützen tragen den größten Teil der horizontalen Aussteifungskräfte, während die Holzrahmenkonstruktion der Außenwände keine aussteifende Funktion hat. Die eigentliche Halle wurde zuerst und als eigenständiges Gebäude errichtet, und auch das angrenzende Bürogebäude ist eine strukturell getrennte Konstruktion.
Das an der Schmalseite der Produktionshalle angebaute Bürogebäude ist komplett in Holzbauweise errichtet, einschließlich Aufzugsschacht und Treppenhaus. Die 10 m breiten und 25 m tiefen Elemente bilden ein Skelett aus BauBuche-Pfosten (B/H-Ecke: 24 cm x 24 cm, B/H-Fassadenpfosten: 12 cm x 24 cm, B/H Innen: 20 cm x 20 cm, GL70) und Trägern (B/H 1. OG: 20 cm x 28 cm / B/H 2. OG: 24 cm x 12 cm , GL70) in Kombination mit Lignotrend für die Decken und das Dach (B: 62,50 cm, H: 27.50 cm). Die Einfeldträger erstrecken sich über eine Strecke von 5 m von der Trennwand der Halle bis zu den Stahlträgern und kreuzen die Mittelpfosten bzw. Innenwände in der Mittelachse. Von dort aus verlaufen die Träger weitere 5 m bis zur Fassade. Sie werden durch Dach- und Bodenplatten verbunden. Zusammen mit dem zweischaligen Aufzugsschacht und der Trennwand zur Halle, die beide in Brettsperrholz ausgeführt sind, sorgen sie für die notwendige Horizontal- und Queraussteifung. Für die Längsaussteifung des Bürogebäudes wählten die Tragwerksplaner Strebenverbände, die in den Endfeldern der beiden parallel zur Hallenlänge verlaufenden Außenwandebenen eingebaut wurden. Diese dreigeschossigen Aussteifungsblöcke liegen frei und bilden optisch ansprechende Elemente des Tragwerks. Die Konstruktion besteht aus BauBuche-Elementen (B/H: 12 cm x 24 cm, GL70), die mit verdeckten Schlitzblechen und Dübeln oder Passschrauben miteinander verbunden sind. Für den Anschluss der Aussteifungsblöcke an den Stahlbetonsockel entschieden sich die Planer für Schlitzbleche, die mit passenden, in den Beton eingelassenen Befestigungselementen verschweißt wurden.
Die tragende Struktur der Halle mit ihrem 5-m-Raster ermöglicht große Fenster an der Straßenseite des Gebäudes. Ebenso luftig und hell ist das angrenzende Bürogebäude. Die filigranen, hochfesten BauBuche Pfosten und Träger bilden das Rückgrat der Glasfassade, die sich über alle drei Geschosse erstreckt und die Pfosten-Riegel-Konstruktion des Gebäudes widerspiegelt. Sowohl die Büros als auch die Halle sind lichtdurchflutet, und die Fassaden beider Gebäude sind gleich attraktiv gestaltet. Nach Ansicht der Architekten fördert dieser Ansatz die Teamarbeit und die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern in Forschung und Entwicklung und den Mitarbeitern in der Produktion. Neben der hervorragenden Arbeitsumgebung, die durch die Holzbauweise geschaffen wird, verfügt das Gebäude auch über eine optimierte Raumakustik, da alle Decken mit sorgfältig ausgewählten Akustikplatten aus Holz ausgestattet sind. Sie tragen LED-Einbauleuchten, die über WLAN individuell gesteuert werden können. Die Büroflächen sind mit Drop-in-Schreibtischen ausgestattet. Arbeitnehmer, die nur wenige Tage in der Woche im Büro verbringen, erhalten einen Rollcontainer für ihre Sachen und wählen einfach einen freien Arbeitsplatz für den Tag. Das Gebäude beherbergt auch eine Bibliothek, einen Silentium- oder Stilleraum und zahlreiche Videokonferenzboxen. Im obersten Stockwerk befinden sich eine Lounge und ein Besprechungsraum mit Teeküche und Pausenräumen, die für alle Mitarbeiter zugänglich sind. Von hier aus gelangen sie über einen Laufsteg in einen Innenhof, der sich in einem erhöhten Bereich des Geländes befindet. Das Büro- und Produktionsgebäude der Envola GmbH ist das erste Projekt auf dem Areal. Die zukünftige Entwicklung des Geländes sieht weitere Sockelbauten östlich und westlich des Envola-Geländes sowie hohe Bürotürme mit bis zu neun Geschossen und einer Höhe von 32 m vor, die in Holz-Hybridbauweise errichtet werden sollen. Die Vision der Architekten ist es, ein modernes Stadtquartier zu entwerfen, das ein Leuchtturm für Nachhaltigkeit und Innovation ist.
-Text von Susanne Jacob-Freitag-
Beratung für Architekten, Bauingenieure, Bauherren und Holzbauunternehmen